Citrix XenApp ist tot, lang lebe XenApp
Gute Gründe für die Weiterentwicklung eines Citrix-Klassikers
(04. Februar 2014 – Thomas Krampe, Managing Consultant, veröffentlicht in Datacenter-Insider) Citrix überraschte kürzlich seine Partner und Kunden mit der Ankündigung des 7.5-Release von XenDesktop und – XenApp. Denn der Hersteller hatte zur Citrix Synergy im Mai 2013 XenApp komplett in die „FlexCast“-Management Architektur integriert und nunmehr als eine Funktion in XenDesktop 7 zur Verfügung gestellt. Ein Produkt XenApp, Nachfolger von XenApp 6.5, war damit faktisch tot.
Vielleicht sollte die Information über die jüngsten Versionen ursprünglich erst zur Hausmesse Synergy 2014 in Los Angeles veröffentlicht werden. Doch nun erschien das Einführungs-Video mit einem Interview zwischen Kevin Strohmeyer und Calvin Hsu bei YouTube.
Doch wie auch immer – insgesamt war die Nachricht über ein 7.5er Release von XenApp wohl für viele überraschend. Schaut man sich aber die installierte Basis an, so sind immer noch wesentlich mehr XenApp als reine XenDesktop-Installationen beim Kunden zu finden. Und somit stieß das geplante Zusammenschmelzen der beiden Produkte wohl bei den meisten Kunden nicht gerade auf Verständnis.
Aus technischer Sicht war dieser Schritt aber richtig, denn es macht keinen Sinn, zusätzlich zu der FlexCast Management Architektur auch noch eine „Independent Management“-Architektur zu pflegen. Auch wenn die allen bekannte IMA Architektur durchaus ihre Vorteile hat, zum Beispiel der „Local Host Cache“.
Kundenwunsch und Storefront-Lücken
Warum Citrix jetzt doch wieder den Namen XenApp mit einem neuen Release aufleben lässt, liegt auf der Hand. Auf der einen Seite war und ist immer noch ein erheblicher Kundendruck vorhanden; denn die meisten Kunden sind nicht bereit, auf XenDesktop zu wechseln. Viele setzen weiterhin auf das bereits in die Jahre gekommene XenApp 6.5-Release.
Das liegt aber nicht allein nur an XenDesktop. Hier ist eher „Storefront“, der Nachfolger vom Web-Interface, der ausschlaggebende Grund. Aktuell fehlen Storefront nämlich einige wichtige Funktionen. Auch die neuen Features die Storefront im Gegensatz zum Web-Interface bietet, konnten bisher allein nicht überzeugen. Anzeige
Dies ist auch der Grund, warum Citrix bis auf weiteres das Webinterface 5.4 auch für XenDesktop 7.x Umgebungen wieder unterstützen wird. Wer jetzt allerdings auf eine neue Version mit neuen Features hofft, kann den Gedanken gleich wieder vergessen.
Die Entwicklung am Web-Interface ist auch durch die Abkündigung von J# seitens Microsoft eingestellt. Neue Features werden nur noch bei Storefront zu finden sein (siehe: Abbildung).
Sind virtuelle Desktops bereits Geschichte?
Obwohl ich der Meinung bin, dass 2014 das Jahr der virtuellen Desktops wird, existieren auch wirtschaftliche Gründe gegen VDI. Einer der Gründe wird von den mobilen Benutzern getrieben. Die Durchdringung von Smart Phones und Tablets im Unternehmen benötigt ganz andere Konzepte in der Bereitstellung von Anwendungen.
Die Benutzer wollen auf ihren mobilen Geräten keine vollständigen Windows-Desktops, sondern benötigen nur einige bestimmte, meist geschäftskritische Anwendungen. Die Bereitstellung dieser Anwendungen innerhalb eines virtuellen Desktops ist im wahrsten Sinne ein Overkill.
VDI, oder besser ausgedrückt, virtuelle Desktops sind deshalb trotzdem nicht “Schnee von gestern”, ganz im Gegenteil. In großen Unternehmen, in denen noch viele Taskworker ihrer Arbeit nachgehen, ermöglicht der Umstieg von Fat Clients auf Thin oder Zero Clients sowie die Bereitstellung eines virtuellen Desktops teilweise enormes Sparpotential im Client-Management. Anzeige Für VDI spricht …
Gerade die Zentralisierung der Desktop-Workloads ins Rechenzentrum senkt hier die Betriebskosten, und auch die Akzeptanz der Benutzer steigt durch die nun mögliche Unterstützung von grafisch intensiven Anwendungen (CAD/CAM) sowie Anwendungen zur Zusammenarbeit (Video-Chat, Online Meetings etc.).
Auch die mittlerweile fast überall angekommenen höheren zur Verfügung stehenden Netzwerkbandbreiten im LAN als auch im WAN sorgen für zufriedene Benutzer. Als angenehmer Nebeneffekt kommen auch Szenarien wie das Disaster Recovery dazu, bei denen die Mitarbeiter im Notfall von Zuhause ihren „normalen“ Desktop starten können und uneingeschränkt arbeitsfähig sind.
Citrix bietet mit XenDesktop und dem FlexCast Modell den Zugriff auf vorhandene Fat Clients mit „RemotePC“ sowie offline zur Verfügung stehende virtuelle Desktops mit dem XenClient und dem Desktop Player for Mac. Damit sind gerade auch Disaster-Recovery-Szenarien und offline-Themen berücksichtigt.
Was wollen mobile Mitarbeiter wirklich?
Die mobilen Benutzer, egal ob jetzt mit Smartphone, Tablet oder Notebook, benötigen aber keinen vollständigen Desktop. Schaut man sich das Verhalten der Benutzer detaillierter an, werden oft eigene Anwendungen aus den verschiedenen AppStores genutzt. Der einzelne Benutzer wird sich auch zukünftig die Anwendung aussuchen und kaufen, die für den geplanten Einsatzzweck die nötigen Funktionen aufweist.
An einzelnen Unternehmensanwendungen wird er jedoch nicht vorbeikommen. Diese müssen für ihn in einer sicheren, und vor allem einfach zu benutzenden Weise, bereitgestellt werden.
XenDesktop war nie dafür entworfen worden, Anwendungen zu provisionieren. Dies war und ist eigentlich die Aufgabe von XenApp.
Anwendungen provisionieren und der Desktop als Service
Native Windows-Anwendungen sind jedoch schon immer für eine Bedienung mit Tastatur und Maus entworfen worden. Gerade diese Anwendungen lassen sich auf mobilen Geräten nicht oder nur stark eingeschränkt bedienen. Erste Versuche, beispielsweise mit dem „Mobility SDK“ diese Windows Anwendungen zu „mobilisieren“, sind ein Schritt in die richtige Richtung.
Aber nicht nur die Bereitstellung von Anwendungen macht das Produkt XenApp so interessant. Ein weiterer Ansatz ist DaaS. Denkt man an Desktops als Service, fällt einem natürlich sofort VDI beziehungsweise virtuelle Desktops ein.
Der Weg wäre richtig, Aber durch die Lizenzierungspolitik von Microsoft für Windows 7 und Windows 8 ist dieses Modell für Service-Provider komplett uninteressant. Hier kommt wieder XenApp ins Spiel. Denn: Server-Betriebssysteme werden anders lizenziert.
Shared Desktop spart Lizenzen
Die Packungsdichte von „shared Desktops“ auf einem System ist wesentlich höher als bei „echten“ virtuellen Desktops mit einem Client-Betriebssystem. Das senkt die Betriebskosten und somit auch die Kosten die letztendlich von einem Provider an seine Kunden berechnet werden.
Deshalb: Momentan lässt sich DaaS ausschließlich mit XenApp über Multi-hosted shared Desktops vernünftig zur Verfügung stellen. Vor diesem Hintergrund hat offensichtlich nun auch Citrix erkannt, dass XenApp als Produkt zur Bereitstellung von Anwendungen durchaus Sinn macht.
Desktop as a Service und Framehawk
Mit dem neuen Release wird der Schritt zur Mobilität umso deutlicher, wenn der Zukauf von Citrix ins Blickfeld rückt. Mit der Technik der Firma Framehawk möchte Citrix native Windows Anwendungen auf mobilen Endgeräten nutzbar machen. Dabei soll diese nicht als eigenständiges Produkt, sondern als Erweiterung in das HDX (ICA) einfließen. In den Sternen steht noch, wann und ob sie bereits in XenDesktop / XenApp 7.5 Eingang findet.
Mehr Einblick gewährt Citrix bei den Cloud Themen. Hier ist die Ausrichtung ganz klar zu sehen. XenDesktop kann in der Version 7.5 nicht nur Delivery Groups auf einem Hypervisor provisionieren, sondern auch gleich in der Cloud. Citrix nennt dieses Feature „Hybrid Cloud Delivery“.
Derzeit werden jedoch wohl nur Amazon EC2, Microsoft Azure sowie die eigene Cloud Platform unterstützt. Über standardisierte API’s werden sicher schnell auch andere Cloud Provider folgen. Da sich XenDesktop und XenApp seit der Version 7.0 die gleiche „FMA2“-Plattform teilen, ist es auch kein Problem, klassische XenApp Server über die Delivery-Groups in der Cloud bereit zu stellen.
XenApp trifft Director
Wie bereits in der Version 7.0 wird die Administration durch die Verwendung einer einzigen Konsole, dem Studio verwaltet. Zusätzlich kann die tägliche Verwaltung mit einer Web-Konsole, dem „Director“, schnell und unkompliziert erledigt werden. Das ist prinzipiell nicht wirklich neu.
Doch durch die Version 7.5 wird alles noch einmal vereinfacht. So sind „Edgesight“ und „HDX Insight“-Performance-Daten sind integriert und können im Director abgerufen werden. Auch das Testen von Anwendungen ist in der Version 7.5 integriert, welches durch AppDNA in vollem Umfang für Platinum Kunden in XenDesktop / XenApp 7.5 enthalten ist.
„Viel Neues ist jetzt nicht dabei?!“. Das stimmt. Doch die Liste der Features wird sicher noch weiter ausgebaut. Welcome back XenApp!